2016, adhesive foil, aludibond, spray paint, 3-part
„virtual REALITY“ klingt als positiv besetztes Begriffspaar durchweg modern und zeitgemäß. Es wird mit dem Digitalen sowie mit zukunftsweisenden Technologien assoziiert und lässt an positive Science-Fiction, Computerspiele, Flugsimulatoren oder etwa den US-amerikanischen Film Tron (1982) denken. Trennt man jedoch die Wortzusammensetzung in ihre Bestandteile – also in „Realität“ als das Wirkliche, Echte und Wahre sowie in das „Virtuelle“ als die Illusion, das Mögliche, aber nicht Greifbare – ergibt sich in der Nahsicht ein sich ausschließendes Gegensatzpaar. Zwischen „Realität“ und „Virtualität“ erstreckt sich vielmehr ein diffuses Spannungsfeld, in dem Gewissheiten plötzlich brüchig und instabil werden.
Diesen Ansatz des Hinterfragens und Untergrabens visualisiert die Künstlerin im Kontext jetztzeitiger Medienterminologie, seziert deren Gehalt und ergänzt so frech wie ironisch mit der Spraydose.
Die Arbeiten sind wie marmorne Gedenktafeln gestaltet. Auf ihnen sind gemeißelt scheinende Worte wie „REALITY“, „TV“ oder „LIVE“ zu lesen. Erst auf den zweiten Blick ist erkennbar, dass es sich bei diesen Tafeln gar nicht um echten Marmor handelt, sondern um eine Plastiknachbildung aus selbstklebender Dekofolie. Neben den exakten Schriftlettern finden sich außerdem rotzig gesprayte Ergänzungen. Das Sichtbare und das Vermeintliche geraten durcheinander. Aus „REALITY“ wird „virtual REALITY“. „TV“ erhält die Bemerkung „turn on my netflix“ und „LIVE“ wird ergänzt durch „on youtube“.
Die Statusmeldungen mit Ewigkeitsgeste werden als hinfällig bloßgestellt. Zugleich wird vielschichtig-konfrontativ auf den rasanten Wandel der Medienlandschaft verwiesen. Humoriges Augenzwinkern und kritischer Seitenhieb verschmelzen. Getragen wird dies formal vom Material der Marmorklebefolie, die als künstliche Oberfläche und reine Täuschung von vorneherein die Behauptung des ewig Gültigen negiert.